Primformation

Ich gebe ja durchaus zu, dass ich mich am Bild eines Nippels von Angelina Jolie in der Zeitung zu erfreuen vermag, und dass es sogar ein paar Prominippel gibt, deretwegen ich mir gar den Blick kaufen würde, doch – und das halte ich für den entscheidenden Punkt – würde ich es meiner Hauszeitung niemals vorwerfen, wenn sie das Bild nicht bringt.
Ich würde es ihr indessen durchaus Übel nehmen, wenn sie es versäumen würde, mich darüber zu informieren, dass das britische Unterhaus der umstrittenen Erzeugung von Embryonen aus menschlichem Erbgut und tierischen Eizellen für die Stammzellenforschung zugestimmt hat. Oder, was mich persönlich eigentlich völlig kalt lässt, dass Philipp Degen zu Liverpool gewechselt hat.
Das entscheidende Kriterium ist meines Erachtens nämlich, ob die Information mein weltbild verändert (Weltbild ist ein grosses Wort, ich weiss, doch leider fällt mir kein kleineres ein – daher habe ich es auch vorbeugend klein geschrieben). In der Tat ist dies selbst bei der Meldung von Philipp Degen der Fall, denn sie hat die Folge, dass ich die Chancen, dass Liverpool nun den Stanley Cup gewinnt, zumindest marginal anders einschätze.
Der Anblick von Angelina Jolies Nippel, so bezaubernd er auch sein mag, lässt mich jedoch nur auf eine einzige Frage eine andere Antwort geben: „Hast du ihn gesehen?“ – Vorher war’s Nein, jetzt ist es Ja. Dass er eine wahre Pracht ist und dass jeder Säugling, der das Privileg hatte mit diesem gestillt worden zu sein, einfach nur zu beneiden ist, wussten wir ja eigentlich schon vorher.
Für diese Art von Informationen, die diametral entgegengesetzt zu ihrer finanziellen Dynamik absolut keinen Informationsgehalt haben, möchte ich gern den Terminus „Prim-Information“ (kurz Primformation) prägen. Analog zur Primzahl in der Mathematik ist eine Primformation eine Nachricht, die einmalig ist und sich im Grunde nur auf sich selbst bezieht.
Mir fehlen zwar die einschlägigen Referenzen, doch vermute ich, dass im Verlauf des letzten Jahrhunderts in den Medien eine deutliche Verschiebung in Richtung Primformation stattgefunden hat. Nicht zuletzt auch durch den die Auflage steigernden Trick der „Primformatisierung“, wo die Bedeutung der Informationen durch die globalisierte Vermarktung dermassen verdünnt wurde, dass man schon fast scherzeshalber von homöopathischen Dosen sprechen möchte – doch bleibt einem das Lachen im Hals stecken, wenn man sich bewusst wird, das dem Vakuumschaum der Primformation so Gestalten wie Paris Hilton entsteigen.

Alternative, bunte Verkehrmittel

Wäre die Welt ohne Autos nicht wunderschön? Stellt euch nur mal vor, wenn der ganze private Berufsverkehr nicht mit Autos sondern mit bunten Heissluftballonen bestritten würde. Wäre das nicht ein prächtiges Schauspiel? Gut, manchmal wären die Leute etwas früher da und manchmal etwas später und ab und zu würden sie eben von Wladiwostok aus arbeiten, doch was soll’s? Heute predigt das aufstrebende Management die Flexibilität schliesslich als das A und O.
Doch einen Wehrmutstropfen hat die Sache leider: Wenn gerade kein Orkan tobt, so ist die CO2-Bilanz eines Heissluftballons um ganze Grössenordnungen schlechter als die von einem Auto. Während einer Stunde schleudert der Ballon nämlich ca. 80kg CO2 in die Atmosphäre, während es bei einem Auto nur gerade ca. 8kg sind. Um das Wett zu machen, müsste der Ballon also in einer Stunde die Distanz zurücklegen, für welche sich ein Auto 10 nehmen darf.
Ich fürchte daher, dass wir mit dem Kauf eines Offroad-Heissluftballons also lieber noch etwas zuwarten sollten, bis wir den Anteil des CO2 in der Atmosphäre und damit deren Dichte so weit erhöht haben, dass für den Auftrieb des Ballons weniger Energie als fürs Auto benötigt wird.

Warum gibt es die Vergewaltigung?

Es ist schon sehr traurig, dass weder Evolution noch Gott den Menschen so geschaffen haben, dass der Paarungsakt nur dann funktioniert, wenn beide Parteien damit einverstanden sind. (Fragt mich nicht, wie sich eine gewaltsame Besteigung anatomisch verunmöglichen liesse, doch wer es schafft, dass sich eine homosexuelle Wanze der Art Xylocoris maculipennis fortpflanzt, indem sie einem bisexuellen Wanzerich ihren Samen in den Samenleiter legt, damit er mit diesem ein heterosexuelles Weibchen befruchtet, der wird doch wohl auch noch sowas irgendwie hinkriegen.)
Ausser natürlich, wenn die Vergewaltigung – wie bei unserem Freund Xylocoris – bewusst als praktikable Fortpflanzungsstrategie in Kauf genommen wird.
Während dies bei der Evolution durchaus Sinn machen kann, weil es in dieser keine Moral gibt, würde das ein äusserst schlechtes Leumundszeugnis für den Herrn Gott darstellen. Dass ein Wüstling an seiner Versuchung scheitert und sich damit ein One Way Ticket in die Hölle löst, mag für diesen quasi als Numerus clausus ja noch okay sein, doch wie kommt das unschuldige Mädchen dazu als Testobjekt geopfert worden zu sein? Dass sie im Gegenzug (evetuell) eine Option auf den Himmel erhält, ist ein schwacher Trost – und darüber hinaus ziemlich unfair all jenen gegenüber, die sich ein Leben lang abgequält haben um ein gottesfürchtiges Leben zu führen, die aber nicht das Glück gehabt haben, von einem Perversen eine Abkürzung offeriert zu bekommen.
Ich wage zu behaupten, dass ein gewisser Herr, dessen Name hier nicht genannt werden soll, sich mit seiner Schöpfung nicht so ganz an den Kategorischen Imperativ hält.

Das Argument der Versuchung ist ohnehin ein bisschen dürftig, denn von allen möglichen Verlockungen, denen man zur Demonstration seiner religiösen Standfestigkeit widerstehen sollen könnte, wurde nur ein klitzekleiner Bruchteil umgesetzt:
Man hätte uns Flügel geben und uns dann verbieten können, diese zu benutzen.
Dem biblischen Gebot keinen Spitzbuckligen Orangenschleierling zu essen zu gehorchen, wäre eine wesentlich grössere Herausforderung, wenn es kein tödlich giftiger Pilz wäre.
Und wenn man schon das Widerstehen fremde, pralle Brüsten zu begrabschen zur Tugend erklärt, wäre es dann nicht eine viel grössere Tugend, wenn man sie beweisen würde, wenn es mehr als nur ein Paar pro Frau gäbe? Oder wenn sie nicht direkt in ihrem strengen Blickfeld lägen?

Wenn das Leben schon eine Ausscheidungsrunde für das himmlische Jenseits ist, so hätten die Aufgaben doch leicht etwas spektakulärer gestaltet werden können, oder etwa nicht?
Und wenn ich darüber hinaus ganz genau weiss, dass jemand an einer Aufgabe scheitern wird (und ich spreche hier aus notariell beglaubigter Allwissenheit!), wäre es dann diesem gegenüber nicht fair, ihm die Schmach des Scheiterns zu ersparen und ihn gleich zu den Losern zu stecken? Oder wird das ganze nur inszeniert um die Rachegelüste von dessen Opfern zu befriedigen?

Heiliger Fruchtsalat

Was wäre, wenn nicht wir die Abbilder Gottes wären, sondern die Pflanzen? Wenn wir nicht die Krönung der Schöpfung wären, sondern einfach eine Plage für die Pflanzen, mit der deren Glaube auf die Probe gestellt werden soll? Wenn die Sintflut nicht die Strafe Gottes, sondern eine Belohnung gewesen wäre, eine euphorische Bewässerungaktion?
Verschieben wir mal den Fokus und stellen uns vor, die Frucht der Erkenntnis sei der Messias der Pflanzen gewesen und Adam und Eva das Äquivalent zu Pontius und Pilatus und der Fruchtsalat sowas wie eine Kreuzigung. Die Frucht der Erkenntnis ist für alles Obst und Gemüse verspeist worden und sie hat damit all deren Wehrlosigkeit auf sich genommen, auf dass das Grünzeug in Zukunft den Peinigern Paroli bieten konnte, indem es ihnen auf dem Acker einen zähen Krieg liefern und sie mit Dornen und Disteln malträtieren sollte.
Das wären schlimme Aussichten für Veganer wie Moby, Prince und „Weird“ Al Yankovic, die unter den Pflanzen dann wohl nur als die „Schlächter-Barden“ bekannt sein würden. Schätze, die kämen beim Pflanzengott wesentlich schlechter weg als die masslos blutrünstigen Karnivoren.