Bumeranggeld

Pflichtbewusst habe ich heute am Postschalter gemeldet, dass der Briefmarkenautomat zwar fleissig Geldstücke entgegen nimmt, sich jedoch beharrlich weigert im Gegenzug irgendwelche Briefmarken rauszurücken. Und getreu der alten Zinggi-Regel scheinbar auch vom Umegäh nichts hält.
Die Schalterdame empfahl mir, es nochmals zu versuchen und einfach etwas länger zu warten. Geflickt könne der Automat ohnehin erst am Montag werden.
Ich habe ihren Rat nicht befolgt und überlege stattdessen, wie ich die 1.20 Fr wohl von den Steuern abzusetzen schaffe. Ich fürchte jedoch, das ist verlorene Liebesmüh. Typisch! Das einzige, was ich als vernünftigerweise absetzberechtigt empfinde, ist wohl das einzige, was nicht absetzberechtigt ist.

Der eine oder andere wird sich wohl fragen, weshalb ich da 1.20 Fr. rein geworfen habe, wo doch dies nicht unbedingt einer der üblichen Markenwerte ist. Nun, nachdem er den Franken geschluckt hat und davon scheinbar nichts mitgekriegt hat, versuchte ich den Automaten mit einem weiteren Zehnräppler „aufzuwecken“. Und als auch das nicht fruchtete, schickte ich einen zweiten Zehnräppler los, das andere Geld zurück zu holen. Irrer Gedanke, das ist mir schon klar, aber zu dem Zeitpunkt erschienen mir die Erfolgschancen durchaus passabel.
Stand oder stehe ich (und mit mir vielleicht die ganze Menschheit) womöglich unter einem Bann, der mich völlig irres Zeug machen lässt, wenn es ums Geld geht? Ich bin schliesslich auch fähig 50 Franken für absoluten Nonsens auszugeben, während es mich reut 4.50 Fr. in das Experiment zu investieren, wie viel Schaum in einer Rasierschaumdose steckt. Da darf es uns dann wohl auch nicht wundern, dass der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister Martin Bangemann nicht so genau wusste, wie viele Nullen eine Milliarde hat.

Verdacht auf homöopathische Applikationen

Um die Tauglichkeit einer Softwareapplikation zu testen, lässt man für gewöhnlich Leute von unterschiedlichem Know-how mit ihr arbeiten und schaut, wie zufrieden sie mit dem Ergebnis sind. Es ist aber scheinbar noch niemandem in den Sinn gekommen, dass dieser Effekt auch reinstes Placebo sein könnte. In diesem Fall wären die horrenden Projektkosten natürlich völlig zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Man muss daher beim Testing stets eine Kontrollgruppe mit Software arbeiten lassen, bei der lediglich das GUI steht. Sollte die Nur-GUI-Variante nicht signifikant schlechter ankommen, kann man getrost mit der billigere Placebo-Version in Produktion gehen und sich eine Menge Arbeit sparen. Und wenn beide durchfallen, dann kann man das ganze Projekt ohnehin an den Nagel hängen.
Man darf nur nicht vergessen, dass man gar nicht früh genug mit dem Testen beginnen kann.

Mit keinem anderen Testing-Verfahren lässt sich nämlich schlüssig nachweisen, dass die getestete Software nicht eine homöopathische Applikation ist.

Leistungssteigerung

Der gleiche Schuh lässt sich auch in 10% kürzerer Zeit herstellen. Das ist tatsächlich so. Auch ein Marathonläufer kann eine beliebige 100metrige Teilstrecke innerhalb der ganzen 42 Kilometer 10% schneller hinter sich bringen (vielleicht mit Ausnahme der letzten). Bloss stellt sich die Frage, wie sich das auf den ganzen Lauf auswirkt?
Okay, den Läufer von überflüssigem Gepäck zu befreien, ist schon vernünftig, bloss ist es nicht immer so einfach zu erkennen, was von dem vielen Gepäck Wasser und Proviant ist und was Steine. Und vielleicht sind selbst ein paar Steine gar nicht mal so übel. Denn die kann man in Zeiten höchster Not immer noch als Ballast ab-, respektive den Konkurrenten zwischen die Beine werfen.
Quartalszahlen sind jedoch nicht Zeiten höchster Not.

Sport + Bewegung

Sport+Bewegung, das ist das ultimative Allheilmittel unserer Zivilisation. Bist du rundlich, traurig oder ausgelaugt? Treib Sport! Dein Partner, dein Arbeitgeber und selbst deine Versicherung motivieren dich zum Sport, sie dispensieren dich vom Abwasch und erhöhen, respektive erlassen dir deine Prämien. Wenn du im Büro von der Arbeit aufstehst und gymnastische Übungen machst, so klopfen sie dir anerkennend auf die Schultern.
Wenn du jedoch ein Buch hervorziehst und zu lesen beginnst…

Ich will ja nicht bestreiten, dass Bewegung auch sein Gutes hat, doch ist es beileibe nicht der einzige Weg zur „Mens sana“. Profisportler kriegen ihr Geld schliesslich nicht dafür, dass die geistige Koryphäen sind. Ja der Sport führt noch nicht mal notgedrungen zum „corpore sano“. Vergleichen wir die Lebenserwartungen von Spitzensportlern mit jener von Spitzenphilosophen, so möchte man gar zum umgekehrten Schluss kommen.
Leute, die sich mit den schönen Künsten beschäftigen haben vielleicht ein kleines Bäuchchen, zugegeben, doch ungesund oder gar eine Gefahr für die Gesundheitsfürsorge ist ihr Übergewicht in der Regel nicht. Mir fehlen zwar die einschlägigen Erfahrungen, doch glaube ich nicht, dass die superfetten Amis, die so gern als abschreckendes Beispiel herhalten dürfen, zwischen ihren Mahlzeiten noch Bücher verschlingen.

Apropos Mens sana in corpore sano.

Wahlkommentar

Kaum ist man ein paar Tage weg, schon wird die Regierung gestürzt.
Auf einmal soll Melanie Winiger nicht mehr Miss Schweiz sein? Nach so vielen Jahren? Gibt es nicht so was wie ein Gewohnheitsrecht auch bei Regierenden? Ich hätte mich ja mit einer rotierenden Vice-Miss arrangieren können, insbesondere wenn es Xenia gewesen wäre, aber so geht das doch nicht!
Welche Partei hätte ich denn wählen müssen um Melanie zu stärken?

Streetportrait

Als ich im Flughafen auf meinen Zug wartete – schon diese Konstellation hätte mir zu denken geben sollen -, stand auf dem gleichen Perron ein Mädchen, dem sich ein gewisses Sexappeal sicherlich nicht absprechen liess. Eben jene Art von Tussi, dem man ab und zu mal amüsiert durch ein Schaufenster beim apathischen Verkaufen von schrillem Fummel oder rosa Duftwässerchen zusieht.
Das Interessanteste an ihr aber waren die zwei Kerle, die sie begleiteten. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes schmierig. Anders lässt es sich effektiv nicht ausdrücken. Sie waren alt und – ja – schmierig und zweifellos etliche Generationen länger Eidgenossen als sie. Der eine hatte speckige Lederhosen, der andere einen tätowierten Schädel mit Kotletten und sie führten sich auf, als seinen sie die schmierigen (!) Manager eines aufstrebenden einfältigen Starlets in einem schrecklich billigen Fernsehkrimi.

Es macht Spass Leute zu beobachten. Man entdeckt bisweilen eine tiefgründige Schönheit in der Hässlichkeit eines menschlichen Antlitzes. Manchmal gleicht aber auch das Arrangement der einzelnen Figuren einer hintergründigen Sonate. Und man fragt sich, was sie zusammen führte, wohin es sie führt und was sie dort dann tun. Die Geschichten ziehen einen in ihren Bann und man zermartert sich den Kopf, ob nun das Leben die billigen Drehbücher schreibt oder die lausigen Drehbücher das Leben.

Öffentliches Ärgernis

Mit „ungebührlichem Verhalten“ oder dem „Nichtwahren von Sitte und Anstand“ in der Öffentlichkeit kann man sich der Erregung öffentlichen Ärgernisses strafbar machen. Aber wie begründet sich ein Verhalten als ungebührlich? Wie kann es sein, dass die Scham, die jemand empfindet, wenn er mich an der Bushaltestelle poppen sieht, mir zum Vorwurf gemacht werden kann? Ich bespringe ja weder ihn, noch seine Frau, noch ist zu befürchten, dass er Gehörschäden vom verzückten Stöhnen meiner Partnerin davontragen wird. Wenn es regnet und wir für unsere Übungen überdurchschnittlich viel Platz beanspruchen und er sich deswegen genötigt sieht ausserhalb des Unterstands auf den Bus zu warten und er sich dabei zu allem Überfluss noch eine Lungenentzündung holt, dann okay, aber sonst? Wie legitimiert sich das Verbot meinen Allerwertesten der Öffentlichkeit zeigen zu dürfen? Einfach dadurch, dass es scheinbar der Spezies Mensch (und nur der Spezies Mensch!) peinlich ist dem Beizuwohnen und wir uns gemeinsam darauf geeinigt haben, sowas einfach nicht zu tolerieren? Das wäre – obgleich etwas willkürlich – ein durchaus legitimer Grund.
Doch wenn wir uns alle über Jugos, Juden und laute Jugendliche aufregen, sind die dann nicht auch ein öffentliches Ärgernis? Und müsste man sie logischerweise nicht auch alle einsperren?

Kryogenische Entwicklungshilfe

In Deutschland diskutiert man gerade über die Legitimität der Entwicklungshilfe für China, wo man doch befürchten muss schon in ein paar Jahren von dieser Wirtschaftsmacht überrollt zu werden. Und das Gymnasium St. Klemens in Ebikon – ein weiterer Global Player – sammelt weiterhin Spenden für die Aktion Ziege, ein Entwicklungsprojekt in Indien, wo mittlerweile ein grosser Teil der Entwicklungshilfe für unserer Software betrieben wird.

Das klingt schon ein bisschen bizarr.

Doch die Ethik verbietet es uns tatenlos zuzusehen, wenn es jemand anderem schlecht geht. Und so bewahren humanitäre Einsätze an vielen Orten der Erde die verschiedensten Gesellschaften vor einem Kollaps. Und deren Regierungen davor, etwas ändern zu müssen.

Irgendwie erinnert das an die Kryogenik. Man friert den Patienten ein und wartet, bis ein geeignetes Heilmittel gegen seine Krankheit gefunden wird.

 

Natürlich werden die Regime sanft, aber bestimmt in die gewünschte Richtung komplimentiert. Und natürlich haben die vergebenen Aufträge einen Effekt.
Ich würde mir einfach etwas mehr Studien wünschen, die zeigen, dass wirklich eine nachhaltige und langfristig gesicherte Entspannung der Situation zu verzeichnen ist. Also eine Analyse der humanitären und wirtschaftlichen Bemühungen im Hinblick auf ihre Tauglichkeit. Denn irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass der Blick stets nach vorn gerichtet ist und man darob völlig vergisst zu schauen, ob man in der Vergangenheit die Versprechen zu halten geschafft hat.
Es geht nicht darum einen Sündenbock zu haben, sondern darum es das nächste Mal besser zu machen.

Wir sollten stolz sein auf unsere Misserfolge!
Wir sollten lernen die Kreativität des Versagens zu bewundern!
Und wir sollten allein die Wiederholung der Fehler ächten!

Tag der Schutzengel

Heute ist der Tag der Schutzengel… Wusstet ihr, dass mehr Leute an Schutzengel als an Engel glauben?

In einem Interview auf DRS3 verriet der Geschäftsleiter der Esoterikbuchhandlung „Im Licht“, die ich jedem vernünftigen Menschen zu meiden rate, dass Literatur über Engel schon immer sehr gut gelaufen sei und das ganz besonders bei Frauen. Auf die Frage, weshalb dem so sei, antwortete er, dass Frauen eher bereit seien den Verstand abzuschalten.
Ich fürchte, er meine das als Kompliment.

Liebe deinen nächsten

Als Jesus von den Pharisäern nach dem höchsten Gebot gefragt wurde (Mth 22,39 & Mrk. 12,31), so entgegnete er, dass man Gott lieben solle (Ref. auf Deut. 6,5). Diesem Gebot jedoch an Wichtigkeit gleichgestellt, fuhr er fort, sei, dass man seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst (Ref. auf Lev.19,18). Ich will Jesus nichts Böses unterstellen, doch denke ich, dass er sich bestenfalls stümperhaft ausgedrückt hat, was dem Begriffsumfang des Wortes „Nächsten“ betrifft. Wenn Jesus damit hat andeuten wollen, dass man Alle lieben solle wie sich selbst, so hätte er dies ohne weiteres durch das Wort „Alle“ deutlich zum Ausdruck bringen können. Tatsächlich lässt die Stelle im alten Testament, auf die er sich bezieht (Lev. 19,18: „Du sollst dich nicht rächen noch Zorn bewahren gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR.“), kaum Fragen offen und jede andere Interpretation, als dass mit den Nächsten lediglich die Kinder des eigenen Volkes gemeint sein könnten, scheint mir an den Haaren herbeigezogen. (Versucht gar nicht erst damit durchzukommen, dass wir doch im Grunde alle die Kinder des gleichen Volkes seien, denn „Volk“ ist in der Bibel ein geradezu überdurchschnittlich präzise verwendeter Begriff!)
Doch sei’s drum. Der zynische Punkt am Gebot der christlichen Nächstenliebe ist nicht wem, sondern was man angedeihen lässt! Mit der Selbstliebe ist es in der Bibel bekanntlich nicht weit her. Ich darf schliesslich nicht masturbieren und wenn mir ein schöne Frau über den Weg läuft, soll ich mir kurzerhand das Auge rausreissen und – wenn es mich wie so oft gelüstet ihr einen Klaps auf den Hintern zu geben -, dann soll ich mir auch gleich noch die Hand abhacken. Wenn auf diese Weise der Nächste geliebt werden soll, dann möchte ich lieber keinem zu nahe kommen.

Und wenn man sich die Sache so ansieht, dann hat von allen Menschen Nietzsche, indem er ihn tötete, Gott am meisten geliebt.