Ich glaube, das Problem mit dem Islam besteht darin, dass ihn die Muslime Ernst nehmen, und die Toleranz des Christentums verdankt sich dem Umstand, dass die Christen dieses nicht mehr ganz so Ernst nehmen.
Natürlich wissen wir, dass die Bibel die Homosexualität nicht billigt und als Heilung die Todesstrafe empfiehlt, doch wird heute kaum jemand ernsthaft verlangen, dass dieser Grundsatz wortwörtlich durchgesetzt werden soll. Denn noch vor das Wort Gottes wird bei uns der gesunde Menschenverstand gesetzt – in der stillschweigenden Annahme, dass dies im Grunde schon ein und dasselbe sein wird.
Sollte das Christentum wieder an ideologischer Macht gewinnen, so wird sich das auch in der Politik bemerkbar machen, denn ich glaube kaum, dass in einem demokratischen Land mit tiefgläubigen Christen beispielsweise die Abtreibung oder Euthanasie lange wird legal bleiben können. Und das völlig ungeachtet all der Versprechen, dass die Religion sich nur auf das Seelenheil des Suchenden konzentrieren wird. Die Religion hilft uns zu unterscheiden, was richtig und falsch ist, und demzufolge wird ein erstarkter Glaube auch jedes andere Feld, in dem über richtig und falsch entschieden werden muss, beeinflussen.
Ich frage mich, ob unsere Gesellschaft, die die biblischen Gesetze dem Konzept nach akzeptiert und deren Umsetzung sehr tolerant praktiziert, diese Gesetze auch heute noch allein auf der Basis dessen als im Grunde rechtskräftig versteht, weil sie in der Bibel stehen? Also ich finde, dass ein Gesetz, nur weil es auch in der Bibel steht, an Plausibilität und Rechtskräftigkeit weder gewinnt noch verliert.