CSI Oerlikon

In unserer Pausenzone liegt immer ein Exemplar 20min auf. Oder sollte zumindest, damit die Mitarbeiter wissen, wann 20 Minuten vorüber sind und wann sie gefälligst wieder malochen gehen sollten.
Doch in letzter Zeit verschwindet die Postille jeweils spurlos. Also habe ich ein hochsensibles Tracking-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe die Modalitäten des Verschwindens vom Tatort rekonstruierbar werden sollte. Es besteht aus einer langen Kette aus Spickgummies, die an einem Loch in der Zeitung befestigt ist. (Die Entscheidung für diese spezielle Lösung basiert auf der Erfahrung, dass je komplexer ein System ist, desto bekloppter die Art und Weise sein wird, wie man es aushebeln kann. Ich positionierte mich also mit dieser Lösung auf der komplett gegenüberliegenden Seite der satelitengesteuerten, antimateriebetriebenen, plasmakalibrierten und heisenbergresistenten Überwachungstechnologie.)
Also legte ich den Köder aus und mich auf die Lauer.
Als ich etwas später einen unverdächtigen Kontrollgang machte, war da nur noch die angekettete Hülle der 20min. Die Seiten 3 bis 50 waren weg! Und genauso alle Modalitäten.
Natürlich startete ich sofort eine Hausdurchsuchung, doch die Zeitung blieb unauffindbar.

Die einzige Chance, die mir noch bleibt, ist den CSI Oerlikon einzuschalten. Aber gibt es den überhaupt? Oder zumindest was ähnliches? Eine Kommission, die von einem Kerl mit dunkler Sonnenbrille und antikem Namen geleitet wird, der alles weiss? Wenn nicht, wie erwischt die Polizei denn überhaupt wen? Vielleicht weil Verbrecher trotz allem auch Idioten sind?
Soll das heissen, es gibt den Gentleman-Dieb mit perfektem Plan und Ganovenehre gar nicht? Gott behüte!

Kernkompetenzen

Was ist die Kernkompetenz einer Bank? Ohne mich allzu weit auf die Äste hinauswagen zu wollen, würde ich sagen, sie bewegt sich irgendwo im Dunstkreis von „Vermögen verwalten“, „Geld vermehren“ und „Zinsen jonglieren“. Zumindest, wenn die Kernkompetenz das ist, was der Kunde will, dass ich für ihn tue.
In gewissem Sinne müssten natürlich auch „Herausforderung für Bankräuber darstellen“ und „Wirtschaft infernalistisch manipulieren“ dazu gehören. Doch wäre im ersten Fall der kernkompetenz-definierende Kunde ein mittelloser Autor von Detektivromanen respektive im zweiten ein mittelloser Öko-Apostell. Also nicht gerade das Wunschklientel einer Bank.
Was aber jedem Kunden im Grunde genommen egal sein kann, zumindest so lange der Rubel rollt, ist, wer den Laden schmeisst. Also ist das „Managen“, obwohl es zweifellos ein notwendiger Bestandteil eines jeden Unternehmens ist, keine Kernkompetenz. Genausowenig wie Toiletten putzen, Kaffee kochen, Software coden und gegebenenfalls interne Korrespondenz übersetzen.
Also könnte, nein, müsste eine Bank eigentlich getreu dem Reimchen „Do what you can do best – outsource the rest“, wobei, wie gesagt, das What logischerweise von den Kunden bestimmt wird, neben den Putzkollonen, den Kaffeemaschinen, den Programmieren und gegebenenfalls den Übersetztern auch die Manager outsourcen. Da ist auf jeden Fall sehr viel Einsparpotential vorhanden, denn in Indien oder China wird sich sicherlich jemand finden lassen, der es mindestens genauso gut macht für wesentlich weniger Geld.