Eine Frage der Würde

Sehr geehrte Schauspielerinnen und Schauspieler

Macht es euch eigentlich nichts aus, was ihr mit Literaturverfilmungen gelegentlich den Originalen antut? Ihr versichert uns doch jedes Mal, dass ihr dieses spezielle Werk schon seit der frühesten Kindheit abgöttisch liebt. Wie könnt ihr es dann zulassen, dass Passagen geändert oder gestrichen werden? Ich für meinen Teil glaube nicht, dass meine Lieblingsbücher einer Korrektur bedürfen. Ich liebe sie, so wie sie sind, eben gerade weil sie so sind, wie sie sind. Und ihnen – metaphorisch gesprochen – die Möpse zu vergrössern um sie einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen, betrachte ich nicht gerade als ein Zeichen des Respekts.
Natürlich ist ein Tiger, dem man das Fell mit Wasserstoff-Peroxid blondiert, die Krallen geschnitten und über die Schnauze einen Maulkorb gestülpt hat, noch immer derselbe Tiger, doch ist er auch noch immer interessant und aus den gleichen Gründen liebenswert?
So leid es mir tut, aber mir bleibt nichts anderes übrig, als euch der wiederholten Mittäterschaft bei plastisch-chirurgischen Eingriffen an literarischen Werken zu bezichtigen. Ja, ihr habt euch einer fahrlässigen Verletzung der Bücherwürde schuldig gemacht! Was habt ihr zu eurer Verteidigung vorzubringen?

Diese hier vorgebrachten Vorwürfe mögen lächerlich erscheinen, in Anbetracht der grausigen Zustände die andernorts herrschen, doch bin ich davon überzeugt, dass die Anerkennung der Integrität eines Anderen, sei es nun ein Mensch, ein Tier oder ein Buch, die Grundlage einer jeden friedlichen Koexistenz darstellt.
Natürlich heisst das nicht, dass wir von nun an kein Fleisch mehr essen und keine Bücher mehr verfilmen dürfen. Alles, wofür ich plädiere, ist, dass man es mit Respekt und artgerecht tut.

Hochachtungsvoll & Rumpeldipumpel
Eda

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